Flüchtende..

Ein Brief an ein Kind:

 

Deine Urgroßeltern oder besser deine Urgroßmutter mit Kindern flohen und kamen in eine unwirtliche Situation..Sie mussten fliehen vor dem Krieg, dahin wo sie ihren Geburtsort hatten. Da gab es zwei Möglichkeiten, Wilhelmshaven oder das Wurster Land, woher deine Uroma stammte. Wilhelmshaven wurde abgelehnt, weil es Garnisonsstadt wäre und deshalb der Geburtsort deiner Uroma angewiesen wurde.

Deine Uroma und deine Oma mit deinem Großonkel kamen zu dritt in ein 12 qm Zimmer unter, dazugehörig ein sehr kleines Kellerabteil.

Deine Uroma war sehr sparsam und konnte dazu noch sehr gut kochen.. also hatte sie mühsam für die nahende Konfirmation deiner Oma, die zu der Zeit Teenager war, Lebensmittel eingeweckt.. ein Ausdruck den du heute nicht mehr kennst.

Aber ihnen wurden nicht mal die 3 Weckgläser die deine Uroma zurück gehalten hatte, gegönnt. Die Vermieterin ging zur Amtsstelle die für die Verteilung der Lebensmittelmarken zuständig war, und sagte: Geben sie der Frau „‘‘‘ nichts mehr, sie hat den Keller voll.
Auch neideten die Dorfbewohner deiner Uroma und den Kindern bei ihrer Ankunft im Dorf, dass sie auf der Flucht ihre Deckbetten auf den Rücken geschnürt mitbekommen hatten. „seht was für reiche Leute da kommen die auf unsere Kosten leben wollen!“

Kommt dir das bekannt vor?
Mir schon, wenn ich in den allgemeinen Foren davon lese, wie es sein könne, dass Flüchtende ein Smartphone ihr eigen nennen können.

 

Deine Oma lag irgendwann nach der Flucht und am scheinbar sicheren Ort mit einer Lebensmittelvergiftung extrem lange im Krankenhaus. Die Schulspeisung war mangelhaft, Maden wurden als Eiweißspender angesehen. Sie war unterernährt und war lange dem Tod näher als dem Leben.

Die kleine übriggebliebene Familie, vom „Im Krieg gebliebenen Urgroßvater“ noch keine Spur, musste sich mit Krabben pulen über Wasser halten. Pfennigbeträge für ein Pfund.. aber es gab Toleranzen die den Krabbenpulern das Leben retteten. Denn diese Nordseekrabben haben einen besonderen Nährwert (wenn man auch die Schalen verwertet)

Erst nach vielen Jahren wurde ihnen eine echte Wohnung in der Stadt (Bremerhaven) zugewiesen. Deine Oma war schon verheiratet und dein Großonkel auch. Die Geschichten darüber und dem Krieg hat deine Mutter jeden Tag gehört, immer wieder.. weil die Uroma erzählte.. und auch wenn sie (deine Mutter) selbst nicht den Krieg erlebt hatte, konnte sie kein Feuerwerk ertragen ohne in Panik auszubrechen und jedes Gewitter brachte deine Mutter, als sie noch klein war, in die (Gefühls)Situation dass das Leben vorbei wäre.
Deine Mutter hörte in ihrem Leben so viel vom Krieg, dass sie ihren Kindern gegenüber stumm wurde.

Heute postest du, Kind, Dinge die so respektlos den Flüchtenden von heute gegenüber scheinen. Nein, ich habe nicht die Kraft dir zu zeigen woher du stammst, außer meinen Worten hier. Ich hoffe einfach nur, dass du dein Herz findest. Denn du hast es, das weiß ich!